Wer noch nie für einen Corporate Blog schrieb, dem mag diese Frage blöd vorkommen. Denn selbstverständlich bloggt man für eine Wanderregion übers Wandern, für ein Heilbad über Heilendes und für ein Unternehmen der Kreislaufwirtschaft über die Kreislaufwirtschaft. Wozu also Tipps fürs Themen-Suchen?
Weil es zum Beispiel bei einem Wanderblog eben nicht ums Wandern gehen kann – jedenfalls nicht in erster Linie. Denn es ist doch so: Wandern (also laufen) kann man überall. Wandern durch Wälder, durch die Natur und in frischer Luft? Kann man immerhin fast überall, heutzutage sogar im Ruhrgebiet (da gibt’s nichts zu grinsen).
Den Unterschied machen erstens die Ziele, zweitens die Dramaturgie eines Weges, drittens die kulturellen, natürlichen, gastronomischen und sonstigen Besonderheiten der erwanderten Region und viertens und vor allem die Menschen. Auf diesen vierten Punkt komme ich später zurück – und dann immer wieder.
Zu den ersten drei Punkten ließen sich Aufzählungen verfassen – aber das bringt natürlich nichts. Denn die bloße Reihung von Sehenswürdigkeiten und Naturräumen bleibt für Ortsunkundige nichtssagend und rutscht sofort wieder aus dem Speicher. Selbst wer besten Willens wäre, merkt sich eine Liste nur mühsam. Erinnert sich noch jemand an die Mühsal des Vokabel-Lernens? Oder an Rudi Carrells legendäre Spiel-Show „Am Laufenden Band“? Der Finalist hatte 60 Sekunden Zeit, sich 20 Gegenstände einzuprägen, die über das titelgebende Band liefen. Was er sich gemerkt hatte, gehörte ihm. Obwohl also hochmotiviert, konnte der beste Spieler aller Zeiten nur 14 Dinge aufzählen.
Was aber bleibt auch in einem mäßig motivierten Kopf haften?
Dies noch kurz vorweg: Bei der Themensuche gibt es zwei unterschiedliche Perspektiven:
Wer sich von der ersten Perspektive nicht zu lösen vermag, produziert plumpe Reklame. Wer jedoch Empathie aufbringt für seine Adressaten, dem kann sehr wirkungsvolle Werbung gelingen. Deshalb liegt der Schwerpunkt im Folgenden auf dem zweiten Punkt. Und die zentrale Frage dabei lautet:
Nein.
Mit dieser Erkenntnis muss jeder seinen Frieden machen, der versucht, die Öffentlichkeit zu erreichen. Sogar das Finale der Fußball-WM 2014 (Deutschland gewann) schauten sich nur knapp 35 Millionen Deutsche an – 48 Millionen nicht. Gewiss: Einige mussten vielleicht arbeiten, waren aus anderen Gründen verhindert oder hatten das Datum des Finales genauso vergessen wie den eigenen Hochzeitstag. Vielen der Nicht-Zuschauer jedoch ist Fußball einfach schnuppe.
Genauso ist es mit allen Themen: Einige Menschen begeistern sich dafür, andere nicht. Wer zum Beispiel für Urlaub in Deutschland werben will, braucht gar nicht zu versuchen jene zu erreichen, die grundsätzlich all-inclusive am Mittelmeer buchen.
Das bedeutet erstens: Man kann und sollte sich voll auf seine Zielgruppen konzentrieren.
Das heißt zweitens: Man braucht für diese Zielgruppen einen Mix unterschiedlicher Themen, die nach und nach bespielt werden, so dass sich über einen längeren Zeitraum möglichst viele Menschen erreichen lassen: Radfahrer und Wanderer, Wellness-Gäste und Kulturinteressierte, Busreisende und Individualisten.
Daraus folgt drittens: Ein Themenplan ist unverzichtbar. Er stellt sicher, dass ein guter und wirkungsvoller Themen-Mix entsteht.
Folgende Hinweise helfen dabei, Themen zu finden, die Leser und potenzielle Kunden interessieren, vielleicht sogar begeistern.
Die eigenen Nachbarn oder Promis, Quizshow-Kandidaten oder Akteure in Reality-Shows – nichts ist interessanter als Menschen. Wo immer es möglich ist, sollten Sie deshalb unbedingt Menschen in Ihren Texten agieren und reden lassen. Gibt es langjährige Stammgäste? Interviewen Sie sie, lassen Sie diese Fans erzählen, was Ihnen so besonders gut gefällt. Sind die Mitglieder des Vereins für Orts- und Heimatkunde, der Stadtarchivar oder ein Hobby-Historiker pfiffig und leutselig? Lassen Sie sich regionale Sagen und Legenden, die Geschichten von Baudenkmälern oder ungewöhnlichen Bräuche in den Block diktieren.
Faustregel: Menschen machen Geschichte(n). Schreiben Sie also in der Ich-Form, dann agiert auf jeden Fall immer mindestens ein Mensch in Ihren Geschichten.
Denken Sie um die Ecke, werfen Sie einen neuen Blick auf Altbekanntes. Der Frühlingsanfang allein ist zum Beispiel keine Nachricht. Fotos von den ersten Lämmern oder den ersten Blüten des Frühjahrs hingegen sprechen Emotionen an und wecken so die Aufmerksamkeit für den persönlichen Bericht von der ersten Radtour oder Wanderung des Jahres – und lassen sich mit Ausflugs- und Erlebnistipps sowie mit saisonalen Urlaubs-Angeboten ergänzen.
Ähnliches gilt für Feiertage: Vielleicht gibt es besondere regionale Traditionen und Bräuche zu Ostern, zum Jahreswechsel oder zu Weihnachten. Vielleicht gibt es sogar Feiertage oder jährliche Events, die nur bei Ihnen begangen werden.
Auch saisonale und regionale Spezialitäten sind gute Themen: Sicherlich lässt sich ein Küchenchef oder Gastwirt finden, der Tipps für Genuss und Zubereitung gibt oder ein altes Familienrezept verrät.
Faustregel: Was für Einheimische vertraut und langweilig ist, kann für Leser im Nachbarort schon exotisch und spannend sein.
Typische Blogbeiträge sind zumindest in Teilen Inszenierungen. In aller Regel inszeniert sich der Ich-Erzähler als Tester und Entdecker, probiert und erkundet Wellness-Angebote, Rad- und Wander-Wege, Stadtführungen und Gastro-Angebote, Museen und Baudenkmäler, um darüber persönlich und emotional zu berichten.
Das funktioniert auch in zahlreichen Variationen: Der Ich-Erzähler zeigt Freunden aus der Fremde seine schöne Heimat, der Autor befragt Gäste, Naturpark-Ranger, Hoteliers, Gastronomen oder Fahrrad-Verleiher, er sucht (und findet) die beste Tasse Kaffee der Stadt, empfiehlt den besten Badesee (oder die Top 3) und begründet sein Urteil aus seiner persönlichen Sicht.
Sich in dieser Weise nicht nur als Autor, sondern auch als Akteur zu exponieren, erfordert etwas Mut, denn man darf dabei keinesfalls der Versuchung erliegen, sich selbst ausschließlich im besten Licht zu präsentieren. Erst durch Selbstironie, durch das Eingestehen eigener Schwächen und Unzulänglichkeiten, durch das Darstellen von kleinen Fehlschlägen und Pannen wird ein Text erstens glaubwürdig und zweitens unterhaltsam. Dabei gilt es allerdings ein gutes Mittelmaß zu finden.
Faustregel: Der Leser ist zwar schadenfroh, will aber keine Tipps von einem Trottel.
4. Anlässe und Anlass-Konstruktionen
Um einen Blogbeitrag zu erstellen und zu veröffentlichen, braucht es eigentlich keinen echten Anlass. Der wahre Blogger erlebt ganz einfach regelmäßig Berichtenswertes, schreibt und veröffentlicht dann – und niemand fragt, warum.
Für Anfänger jedoch ist es sehr viel einfacher, mit einem konkreten Thema und zu einem bestimmten Ereignis in die Tasten zu greifen. Zwar sind Anlässe wie Jubiläen, Jahrestage, Auszeichnungen, Mittelalter-Festivals oder Neueröffnungen zu selten, um damit regelmäßig einen Blog bespielen zu können.
Es gibt jedoch einige gute Wege, Anlässe zu konstruieren: Zum internationalen Tag des Wassers passen Kneipp- oder Badesee-Geschichten, zum Tag des Baumes kennt der Revierförster wahrscheinlich eine Geschichte und der Tag des offenen Denkmals bietet die Gelegenheit, Rathaus, Burg, Maschinenhalle oder Mühle neu zu präsentieren. Ein unerschöpflicher Quell der Inspirationen in Sachen Gedenk- und Aktionstage ist www.kleiner-kalender.de. Wer sich durch die Liste scrollt, bekommt vielleicht einen Geisterblitz beim Weltkindertag, dem Weder-Regen-Noch-Schnee-Tag oder beim Regenschirmtag.
Zudem lassen sich viele „große“ Themen lokal herunterbrechen: Feinstaub-Probleme und warum es sie zum Beispiel im Luftkurort nicht gibt; die große Dürre im Rekordsommer und dennoch sprudeln die Mineral- und Heilquellen unverändert munter; der Wolf ist zurück in Deutschland und lässt sich dennoch nicht bei Ihnen blicken.
Vielleicht am besten lassen sich zudem die „kleinen“ Themen erzählen. Was sagen Stammgäste über das renovierte Haus, wie waren die ersten Tage mit der neuen Kaffeemaschine oder Zapfanlage, mit welchen Kniffen lassen sich defekte Fahrräder schnell wieder in Gang bringen.
Faustregel: Wer ohne Themenplan bloggt, braucht Mut zu großen Lücken.
Anders als Geld liegen Themen zwar nicht auf der Straße. Dennoch sind sie für all jene leicht zu finden, die Augen und Ohren offenhalten. Wonach fragen die Gäste immer wieder, worüber erzählen sie? Worüber plaudern Lieferanten, Busfahrer und Taxichauffeure, was wird in der Nachbarschaft getratscht? Worüber schreiben (Lokal-)Presse oder andere Blogger?
Faustregel: Texte klauen ist kriminell, Ideen klauen macht kreativ.
Sie lassen sich von langer Hand planen und vorbereiten, sind in aller Regel mit nur geringem Aufwand verbunden und können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Stammleser zu gewinnen, die regelmäßig auf einen Blog zurückkehren. Mögliche feste Rubriken sind:
Der große Vorteil bei Experten-Rubriken ist zudem: Sie holen Akteure und Multiplikatoren der Region mit ins Boot. Wenn die sich bei Ihnen veröffentlicht finden, werden sie in ihren eigenen Netzwerken auf Ihren Blog hinweisen.
Faustregel: Wer mit Serien beim Thema bleibt, findet leichter treue Fans.
Ein ehemaliger Arbeitskollege von mir ist Straßenbahn-Enthusiast und unternimmt regelmäßig Trips in Städte mit einer besonderen Tram. Andere mögen historische Eisenbahnen, Busse oder Fahrräder, begeistern sich für Gärten, vogelkundliche Touren oder fürs Angeln. Zugegeben: Die jeweilige Zielgruppe ist klein – die Auswahl der Reiseziele jedoch auch. Wenn es also bei Ihnen etwas Ungewöhnliches, Schrulliges oder Abseitiges zu sehen oder zu erleben gibt, bloggen Sie darüber. Denn wahre Enthusiasten googeln regelmäßig nach Neuigkeiten über ihr persönliches Steckenpferd und werden Ihre Region als potenziell lohnendes Reiseziel entdecken.
Für alle übrigen Leser können Beiträge über Igel- oder Bananen-Museen, über Tweed Runs mit alten Zweirädern oder Rallys mit klassischen Automobilen durchaus amüsant sein. Aber Vorsicht: Über ungewöhnliche Hobbys und Leidenschaften zu schreiben, erfordert Fingerspitzengefühl. Allzu leicht erliegt man dabei der Versuchung, sich über „Sonderlinge“ lustig zu machen.
Faustregel: Je kleiner die Zielgruppe, desto größer die Begeisterung bei jedem einzelnen.