... der Mäander?
Der Rhein tut es, die Mosel auch und selbst die Ems lässt sich dabei erwischen: Sie fließen trödelig und in weiten Kurven und Schlingen durch die Landschaft. Kurz gesagt: Diese Flüsse mäandrieren. Auch wenn's kein lupenreiner Zungenbrecher ist, kommt einem der Fachbegriff doch nicht ganz leicht über die Lippen. Also muss es wohl ein Fremdwort sein.
In dem Fachbegriff wurde der altgriechische Name eines heute türkischen Flusses sprichwörtlich: Der Große Mäander (es gibt auch den „Kleinen“ gleich nebenan) entspringt im Bergland von Phrygien und mündet bei der antiken Stadt Milet zwischen Izmir und Bodrum in die Ägäis. Wer ihn heute auf der Karte sucht, findet ihn unter dem türkischen Namen Büyük Menderes.
Typisch für mäandrierende Flüsse ist, dass sie massenhaft Sedimente mit sich führen. Sie bilden ein Delta, ändern gelegentlich ihren Lauf und hinterlassen stille Altarme. Der Große Mäander tut all dies mit derartiger Gründlichkeit, dass er im 14. Jahrhundert die Stadt Magnesia begrub. Zu diesem Zeitpunkt blickte das einst mächtige und stolze Gemeinwesen auf eine mehr als 2.000-jährige Geschichte zurück. Magnesia war reich und mächtig, wurde mehrfach belagert und erobert, wiederholt von Erdbeben zerstört und doch immer wieder aufgebaut. Letztlich jedoch war der Große Mäander stärker.
1893 versuchte eine internationale Gruppe von Archäologen, die antike Metropole freizulegen, konnte jedoch nur einzelne Artefakte bergen, die heute teils im Louvre, teils im Pergamon-Museum zu sehen sind. Knapp hundert Jahre später unternahm ein Grabungsteam der Universität Ankara einen erneuten Versuch, den meterdicken Fluss-Schlamm zu beseitigen. Zwar lassen sich mittlerweile tatsächlich einzelne Ruinen besichtigen - von vielen allerdings nur die Dächer. Der Rest steckt rief im Lehm oder steht im Wasser.